Der Strand von Nungwi mit den traditionellen Dhaus

Der Strand von Nungwi mit den traditionellen Dhaus
Der Strand von Nungwi mit den traditionellen Dhaus

Samstag, 3. Dezember 2011

Einsichten - Aussichten


Herstellung von Schuluniformen
Wenn man von der Endstation des Dalla-Dallas in Nungwi dorfauswaerts geht, passiert man eine Reihe von kleinen Geschaeften. Einige sind Verkaufslaeden mit diversen Angeboten, die anderen aber werden von den schon frueher erwaehnten “fundis” betrieben, eben Fachleuten verschiedenster Gebiete. Bei einem von ihnen habe ich vor einiger Zeit einen geschaelten schlanken Baumstamm gekauft, um dem Tischblatt in unserm Hof neue Beine zu verpassen. Dann gibt es da Spezialisten fuer Schmiedearbeiten (viele Tore zu Grundstuecken sind geschmiedet), fuer Schuhwerk (es gibt da lederne Sandalen, aber auch solche, die aus ausrangierten Toeffreifen hergestellt sind), fuer Kleider (mit hand- bzw fussbetriebener Naehmaschine Marke Butterfly oder gar Singer) oder fuer Moebel. Der Holzfundi in unserer Naehe war so grosszuegig, mir das Holz zur Herstellung eines Wandtafelzirkels fuer den Geometrie-Unterricht kostenlos zu ueberlassen, als ich ihm dessen Verwendungszweck erlaeuterte!  

Frauen bringen Korallenkies zum Betonieren
Schon seit einiger Zeit ist auf dem Grundstueck hinter dem Garten neben unserem Haus eine emsige Taetigkeit zu beobachten. Ein Haus ist in traditioneller Bauweise im Entstehen begriffen. Zuerst wurde der Boden mehr oder weniger planiert, mit Steinen eingeeebnet und die Fundament-Mauern errrichtet. Solche Maeuerchen sieht man uebrigens im und ums Dorf sehr viele, was darauf schliessen laesst, das das Geld nur zum Anfangen und nicht mehr zum Beendigen des geplanten Bauwerks gereicht hat. Aktuell sind nun schon die Mauern aus Betonziegeln hochgezogen, die armierten Eckpfeiler betoniert und die Decke gegossen: zuerst werden Holzstangen gelegt, auf welche die Bretter zu liegen kommen, die nachher mit Steinen belegt und mit Beton ausgegossen werden. Die Qualitaet solcher Decken ist kaum mit unseren Standards zu messen, dringt das Wasser doch bei derjenigen in unserem Haus immer mal wieder durch. Interessant, dass beim Heranschleppen des Korallenkieses auch eine ganze Gruppe von traditionell gekleideten Frauen im Einsatz war (siehe linkes Bild). Wie werden wohl die Bau-fundis nun mit der immensen Menge von unterschiedlichen Staemmen und Stangen das Dach aufrichten und dann decken?
Hier ist die teilweise Antwort auf die oben gestellte Frage!
Dieser kurze Ueberblick vermittelt einen kleinen und sicher nicht vollstaendigen Einblick ueber die beruflichen Taetigkeiten der Einwohner von Nungwi, welche sich wenn nicht als fundis groesstenteils in der Landwirtschaft (Kuehe, Gefluegel, Fruechte, Gemuese) und der Fischerei ihren Lebensunterhalt verdienen. Damit ist auch gesagt, dass Schulabgaenger keine weit gestreuten Aussichten auf einen grossen Verdienst haben, wenn sie nach den grundsaetzlich freiwilligen sieben Primarschuljahren die Schule verlassen. Wie wir aus diversen Unterhaltungen mit Leuten im Dorf und am Strand gelernt haben, ist das bei einem Grossteil der Bevoelkerung der Fall. Immerhin muessen ja die Schueler am Ende des 7. Schuljahres eine Pruefung bestehen, um in die Sekundarschule eintreten zu koennen – und das nur mit einem einzigen Versuch. Wer in der Sek hart arbeitet, kann hier in Nungwi noch 4 weitere Jahre die Schule besuchen, wenn er dann nach der 2. Klasse die Huerde einer weiteren einmaligen Promotionspruefung schafft. Fuer die 5. Und 6. Oberstufe muss der Weg nach Stone Town in Kauf genommen werden, was die Ausbildungskosten fuer die Eltern meist ins Untragbare wachsen laesst. Woher soll auch ein Fischer mit zwei Frauen und einer etwa10-koepfigen Kinderschar das noetige Kleingeld zusammenkriegen?

Bettinas 2. Sek-Klasse im Schulzimmer
“Eine gute Schulung ist die Basis zu einem guten Einkommen und einem angenehmen Leben!” Das wird nicht nur bei uns, sondern auch auf Sansibar so propagiert, wo die Primarschule grundsaetzlich kostenlos ist. Die Eltern muessen “nur” die Schuluniformen und einen Lehrmittelbeitrag entrichten, was aber schon ein (finanzielles) Hindernis fuer viele Eltern ist, ihre Kinder ueberhaupt zur Schule zu schicken. Deshalb setzt sich “Maisha Zanzibar” ja dafuer ein, dass Kinder aus armen Familien (teilweise vater- oder mutterlos bzw Vollwaisen) diese Ausruestung kostenlos erhalten und so die Moeglichkeit zum Schulbesuch erhalten. *
Ob sie es dann schaffen, haengt zum groessten Teil von ihnen selber ab, da meistens die Unterstuetzung durch die Familie, die Nachbarn und eben leider auch durch die Schule fehlt. Diejenigen, die durch die ganze Nungwi-Schule und allenfalls auch diejenige in Stone Town durchkommen und diese Schulungskosten auch aufbringen koennen, haben sicher die Aussicht auf ein besseres Leben als die meisten anderen Dorfbewohner. Die meisten gehen nach 7, 9 oder auch 11 Jahren von der Schule ab und verdienen sich den Lebensunterhalt als beach-Unternehmer (vermitteln Schiffsausfluege, Tauch- und Schnorchelexkursionen, verkaufen Schmuck und andere Souvenirs, verdingen sich als Fuehrer etc) oder eben als Bauern, Fischer oder - fundis (siehe oben!)…  

* Falls der geneigte Leser allenfalls bereit ist, einem Schulkind in Nungwi zu helfen und es mit einem jaehrlichen Beitrag zu unterstuetzen, dann kann er sich auf www.maishazanzinbar.org ueber die entsprechende Moeglichkeit informieren…

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